3  Summen, Produkte, Potenzen

Diese Einheit führt Schreibweisen für die Grundrechenarten ein.

3.1 Summen

Definition 3.1 (Summenzeichen) Es bezeichnet \[\begin{equation} \sum_{i=1}^{n} x_i = x_1 + x_{2} + \cdots + x_{n}. \end{equation}\] Dabei stehen

  • \(\Sigma\) für das griechische Sigma, mnemonisch für Summe,
  • das Subskript \(i = 1\) für den Laufindex und den Startindex,
  • das Superskript \(n\) für den Endindex und
  • \(x_1, x_2, ..., x_n\) für die Summanden.

Für eine sinnvolle Benutzung des Summenzeichens ist es essenziell, mithilfe des Subskripts und des Superskripts den Anfang und das Ende der Summation festzulegen. Die genaue Bezeichnung des Laufindexes ist dagegen für den Wert der Summe irrelevant, es gilt \[\begin{equation} \sum_{i=1}^n x_i = \sum_{j=1}^n x_j. \end{equation}\] Manchmal wird der Laufindex auch als Element einer Indexmenge angegeben. Ist z.B. die Indexmenge \(I := \{1,5,7\}\) definiert, so ist \[\begin{equation} \sum_{i \in I}x_i := x_1 + x_5 + x_7. \end{equation}\] Im Folgenden wollen wir kurz einige Beispiele für die Benutzung des Summenzeichens betrachten.

  • Summation vordefinierter Summanden. Es seien \(x_1 := 2\), \(x_2 := 10\), \(x_3 := -4\). Dann gilt \[\begin{equation} \sum_{i=1}^3 x_i = x_1 + x_2 + x_3 = 2 + 10 - 4 = 8. \end{equation}\]
  • Summation gewichteter vordefinierter Summanden. Es seien wiederum \(x_1 := 2\), \(x_2 := 10\), \(x_3 := -4\). Weiterhin seien die Wichtungskoeffizienten \(a_1 := \frac{1}{2}\), \(a_2 := \frac{1}{5}\), \(a_3 := 2\) definiert. Dann gilt \[\begin{equation} \sum_{i=1}^3 a_i x_i = a_1x_1 + a_2x_2 + a_2x_3 = \frac{1}{2}\cdot 2 + \frac{1}{5}\cdot 10 + 2\cdot (-4) = 1 + 2 - 8 = -5. \end{equation}\] Ausdrücke der Form \(\sum_{i=1}^n a_i x_i\) werden auch als Linearkombinationen der \(x_1,...,x_n\) mit den Koeffizienten oder Wichtungsparametern \(a_1,...,a_n\) bezeichnet.
  • Summation natürlicher Zahlen. Es gilt \[\begin{equation} \sum_{i=1}^5 i = 1 + 2 + 3 + 4 + 5 = 15. \end{equation}\]
  • Summation gerader natürlicher Zahlen. Es gilt \[\begin{equation} \sum_{i=1}^5 2i = 2\cdot 1 + 2\cdot 2 + 2\cdot 3 + 2\cdot 4 + 2\cdot 5 = 2 + 4 + 6 + 8 + 10 = 30. \end{equation}\]
  • Summation ungerader natürlicher Zahlen. Es gilt \[\begin{equation} \sum_{i=1}^5 (2i - 1) = 2\cdot 1 - 1 + 2\cdot 2 - 1 + 2\cdot 3 - 1 + 2\cdot 4 - 1 + 2\cdot 5 - 1 = 1 + 3 + 5 + 7 + 9 = 25. \end{equation}\]

Der Umgang mit dem Summenzeichen kann oft durch die Anwendung folgender Rechenregeln vereinfacht werden.

Theorem 3.1 (Rechenregeln für Summen)  

  1. Summen gleicher Summanden \[\begin{equation} \sum_{i=1}^n x = nx \end{equation}\]
  2. Assoziativität bei Summen gleicher Länge \[\begin{equation} \sum_{i=1}^n x_i + \sum_{i=1}^n y_i = \sum_{i=1}^n (x_i + y_i) \end{equation}\]
  3. Distributivität bei Multiplikation mit einer Konstante \[\begin{equation} \sum_{i=1}^n ax_i = a\sum_{i=1}^n x_i \end{equation}\]
  4. Aufspalten von Summen mit \(1 < m < n\) \[\begin{equation} \sum_{i = 1}^n x_i = \sum_{i=1}^m x_i + \sum_{i=m+1}^n x_i \end{equation}\]
  5. Umindizierung \[\begin{equation} \sum_{i=0}^n x_i = \sum_{j = m}^{n+m} x_{j - m} \end{equation}\]

Beweis. Man überzeugt sich von diesen Rechenregeln durch Ausschreiben der Summen und Anwenden der Rechenregeln von Addition und Multiplikation. Wir zeigen hier exemplarisch die Assoziativität bei Summen gleicher Länge und die Distributivität bei Multiplikation mit einer Konstante. Hinsichtlich ersterer haben wir \[\begin{align} \begin{split} \sum_{i=1}^n x_i + \sum_{i=1}^n y_i & = x_1 + x_2 + \cdots + x_n + y_1 + y_2 + \cdots + y_n \\ & = x_1 + y_1 + x_2 + y_2 + \cdots + x_n + y_n \\ & = \sum_{i=1}^n (x_i + y_i). \end{split} \end{align}\] Hinsichtlich letzterer gilt \[\begin{align} \begin{split} \sum_{i=1}^n ax_i & = ax_1 + ax_2 + \cdots + ax_n \\ & = a(x_1 + x_2 + \cdots + x_n) \\ & = a\sum_{i=1}^n x_i. \end{split} \end{align}\]

Beispiele

Als erstes Beispiel für die Anwendung der in Theorem 3.1 festgehaltenen Rechenregeln betrachten wir die Auswertung eines Mittelwertes (manchmal auch Durchschnitt genannt). Dazu seien \(x_1, x_2,...,x_n\) reelle Zahlen. Der Mittelwert dieser Zahlen entspricht der Summe von \(x_1, x_2,...,x_n\) geteilt durch die Anzahl der Zahlen \(n\). Dabei ist es nach Aussage (3) von Theorem 3.1 irrelevant, ob zunächst die Zahlen aufaddiert werden und dann die resultierende Summe durch \(n\) geteilt wird oder die Zahlen jeweils einzeln durch \(n\) geteilt werden und die entsprechenden Ergebenisse dann aufaddiert werden. Genauer gilt durch Anwendung Theorem 3.1 (3) mit \(a =1/n\), dass \[\begin{equation} \frac{1}{n}\sum_{i=1}^n x_i = \sum_{i=1}^n \frac{x_i}{n}. \end{equation}\] So ist zum Beispiel der Mittelwert von \(x_1 := 1, x_2 := 4, x_3 := 2\) \(x_4 := 1\) gegeben durch \[\begin{equation} \frac{1}{4}\sum_{i=1}^4 x_i = \frac{1}{4}(1 + 4 + 2 + 1) = \frac{8}{4} = 2 = \frac{8}{4} = \frac{1}{4} + \frac{4}{4} + \frac{2}{4} + \frac{1}{4} = \sum_{i=1}^4 \frac{x_i}{4}. \end{equation}\]

Als zweites Beispiel betrachten wir die in Theorem 3.1 (5) festgehaltene Umindizierungsregel. Dazu seien \(n := 3\) und \(m := 2\), sowie \(x_0 := 2\), \(x_1 := 3\), \(x_2 := 5\) und \(x_3 := 10\). Dann gilt offenbar \[\begin{align} \begin{split} \sum_{i=0}^3 x_i & = x_0 + x_1 + x_2 + x_3 \\ & = 2 + 3 + 5 + 10 \\ & = 20. \end{split} \end{align}\] Ebenso gilt aber auch \[\begin{align} \begin{split} \sum_{j = m}^{n + m} x_{j-m} & = \sum_{j = 2}^{3 + 2} x_{j-2} \\ & = \sum_{j = 2}^{5} x_{j-2} \\ & = x_{2-2} + x_{3-2} + x_{4-2} + x_{5-2} \\ & = x_{0} + x_{1} + x_{2} + x_{3} \\ & = 2 + 3 + 5 + 10 \\ & = 20. \end{split} \end{align}\]

Doppelsummen

Nicht selten trifft man in der Anwendung auf Ausdrücke, die mehrere Summationen hintereinander ausführen. Dabei gelten für jede der Summen die oben gelisteten Definitionen und Rechenregeln. Man macht sich die Bedeutung von Doppelsummen am besten dadurch klar, dass man sie von innen nach außen ausschreibt und dabei beachtet, dass für jede Iteration der inneren Summe der Laufindex der äußeren Summe konstant bleibt.

Folgende Beispiele mögen dies verdeutlichen.

(1) \[\begin{align} \begin{split} \sum_{i=1}^2 \sum_{j = 1}^3 (i+j) & = \sum_{i=1}^2 (i + 1 + i + 2 + i + 3) \\ & = (1 + 1 + 1 + 2 + 1 + 3) + (2 + 1 + 2 + 2 + 2 + 3) \\ & = 9 + 12 \\ & = 21 \\ \end{split} \end{align}\]

(2) \[\begin{align} \begin{split} \sum_{i=1}^2 \sum_{j = 1}^3 (x_i + y_j) & = \sum_{i=1}^2 (x_i + y_1 + x_i + y_2 + x_i + y_3) \\ & = (x_1 + y_1 + x_1 + y_2 + x_1 + y_3) + (x_2 + y_1 + x_2 + y_2 + x_2 + y_3) \\ \end{split} \end{align}\]

(3) \[\begin{align} \begin{split} \sum_{i=1}^3 \sum_{j = 1}^2 (x_iy_j) & = \sum_{i=1}^3 (x_iy_1 + x_iy_2) \\ & = (x_1y_1 + x_1y_2) + (x_2y_1 + x_2y_2) + (x_3y_1 + x_3y_2) \\ \end{split} \end{align}\]

3.2 Produkte

Eine analoge Schreibweise zum Summenzeichen bietet das Produktzeichen für Produkte.

Definition 3.2 (Produktzeichen) Es bezeichnet \[\begin{equation} \prod_{i=1}^{n} x_i = x_1 \cdot x_{2} \cdot \cdots \cdot x_{n}. \end{equation}\] Dabei stehen

  • \(\prod\) für das griechische Pi, mnemonisch für Produkt,
  • das Subskript \(i = 1\) für den Laufindex und den Startindex,
  • das Superskript \(n\) für den Endindex,
  • \(x_1, x_2, ..., x_n\) für die Produktterme

Analog zum Summenzeichen gilt, dass das Produktzeichen nur mit Subskript und Superskripten zu Lauf- und Endindex Sinn ergibt. Die genaue Bezeichnung des Laufindizes ist wiederum irrelevant, es gilt \[\begin{equation} \prod_{i=1}^n x_i = \prod_{j=1}^n x_j. \end{equation}\] Auch hier wird in seltenen Fällen der Laufindex als Element einer Indexmenge angegeben. Ist z.B. die Indexmenge \(J := \mathbb{N}_2^0\) definiert, so ist \[\begin{equation} \prod_{j \in J}x_j := x_0 \cdot x_1 \cdot x_2. \end{equation}\]

Ein Beispiel für die Benutzung des Produktzeichens ist etwa die Definition der Fakultät einer natürlichen Zahl \(n\) durch \[\begin{equation} n! := \prod_{i=1}^n i. \end{equation}\] So ist etwa \[\begin{equation} 3! := \prod_{i=1}^3 i = 1 \cdot 2 \cdot 3 = 6. \end{equation}\]

Auch für Produkte gibt es eine Reihe von Rechenregeln, die den Umgang mit ihnen oft vereinfachen. Wir listen einige in folgendem Theorem. Dabei machen wir vorgreifend Gebrauch der in Kapitel 3.3 definierten Schreibweise von Potenzen.

Theorem 3.2 (Rechenregeln für Produkte)  

  1. Produkte gleicher Faktoren \[\begin{equation} \prod_{i=1}^n x = x^n \end{equation}\]
  2. Potenzierung von Konstanten \[\begin{equation} \prod_{i=1}^n ax_i = a^n\prod_{i=1}^n x_i \end{equation}\]
  3. Aufspalten von Produkten mit \(1 < m < n\) \[\begin{equation} \prod_{i=1}^n x_i = \prod_{i=1}^m x_i \prod_{j=m+1}^n x_j \end{equation}\]
  4. Produkt von Produkten \[\begin{equation} \prod_{i=1}^n x_iy_i = \prod_{i=1}^n x_i \prod_{i=1}^n y_i \end{equation}\]

3.3 Potenzen

Produkte von Zahlen mit sich selbst können mithilfe der Potenzschreibweise abgekürzt werden.

Definition 3.3 (Potenz) Für \(a \in \mathbb{R}\) und \(n \in \mathbb{N}^0\) ist die \(n\)-te Potenz von \(a\) definiert durch \[\begin{equation} a^0 := 1 \mbox{ und } a^{n+1} := a^n \cdot a. \end{equation}\] Weiterhin ist für \(a\in \mathbb{R} \setminus 0\) und \(n \in \mathbb{N}^0\) die negative \(n\)-te Potenz von \(a\) definiert durch \[\begin{equation} a^{-n} := (a^n)^{-1} := \frac{1}{a^n}. \end{equation}\] \(a\) wird dabei Basis und \(n\) wird Exponent genannt.

Die Art der Definition von \(a^{n+1}\) mit Rückbezug auf die Potenz \(a^n\) in obiger Definition nennt man rekursiv. Die Definition \(a^0 := 1\) nennt man dabei den Rekursionsanfang; er macht die rekursive Definition von \(a^{n+1}\) erst möglich. Die Definition \(a^{n+1} := a^n \cdot a\) nennt man auch Rekursionsschritt. Folgende Rechenregeln vereinfachen das Rechnen mit Potenzen.

Theorem 3.3 (Rechenregeln für Potenzen) Für \(a,b\in \mathbb{R}\) und \(n,m \in \mathbb{Z}\) mit \(a\neq 0\) bei negativen Exponenten gelten folgende Rechenregeln: \[\begin{align} a^n a^m & = a^{n+m} \\ (a^n)^m & = a^{nm} \\ (ab)^n & = a^nb^n \end{align}\]

Anstelle eines Beweises betrachten wir folgende drei Beispiele.

(1) \[\begin{equation} 2^2 \cdot 2^3 = (2\cdot 2) \cdot (2 \cdot 2 \cdot 2) = 2^5 = 2^{2 + 3} \end{equation}\]

(2) \[\begin{equation} (3^2)^3 = (3\cdot 3)^3 = (3\cdot 3)\cdot(3\cdot 3)\cdot(3\cdot 3)= 3^6 = 3^{2\cdot3} \end{equation}\]

(3) \[\begin{equation} (2 \cdot 4)^2 = (2\cdot 4)\cdot (2 \cdot 4) = (2 \cdot 2)\cdot(4\cdot 4) = 2^2 \cdot 4^2 \end{equation}\]

In enger Beziehung zur Potenz steht die Definition der \(n\)ten Wurzel:

Definition 3.4 (\(n\)-te Wurzel) Für \(a \in \mathbb{R}\) und \(n \in \mathbb{N}\) ist die \(n\)-te Wurzel von \(a\) definiert als die reelle Zahl \(r\) mit \[\begin{equation} r^n = a. \end{equation}\]

Beim Rechnen mit Wurzeln ist die Potenzschreibweise von Wurzeln oft hilfreich, da sie die direkte Anwendung der Rechenregeln für Potenzen ermöglicht.

Theorem 3.4 (Potenzschreibweise der \(n\)-ten Wurzel) Es sei \(a \in \mathbb{R}\), \(n \in \mathbb{N}\) und \(r\) die \(n\)-te Wurzel von \(a\). Dann gilt \[\begin{equation} r = a^{\frac{1}{n}} \end{equation}\]

Beweis. Es gilt \[\begin{equation} \left(a^{\frac{1}{n}}\right)^n = a^{\frac{1}{n}}\cdot a^{\frac{1}{n}}\cdot \cdots \cdot a^{\frac{1}{n}} = a^{\sum_{i=1}^n \frac{1}{n}} = a^1 = a. \end{equation}\] Also gilt mit Definition 3.4, dass \(r = a^\frac{1}{n}\).

Das Rechnen mit Quadratwurzeln wird durch die Potenzschreibweise \[\begin{equation} \sqrt{x} = x^{\frac{1}{2}} \end{equation}\] sehr erleichtert. So gilt zum Beispiel \[\begin{equation} \frac{2\pi}{\sqrt{2\pi}} = \frac{2\pi}{(2\pi)^{\frac{1}{2}}} = (2\pi)^{1} \cdot (2\pi)^{-\frac{1}{2}} = (2\pi)^{1-\frac{1}{2}} = (2\pi)^{\frac{1}{2}} = \sqrt{2\pi}. \end{equation}\]

Folgender Zusammenhang zwischen Quadrat, Wurzel und Betrag wird des Öfteren genutzt.

Theorem 3.5 (Wurzel und Betrag) Es sei \(x \in \mathbb{R}\) und es bezeichne \[\begin{equation} |x| := \begin{cases} & x \mbox{ für } x \ge 0 \\ - & x \mbox{ für } x < 0 \end{cases} \end{equation}\] den Betrag von \(x\). Dann gilt \[\begin{equation} \sqrt{x^2} = |x|. \end{equation}\]

Beweis. Wir betrachten die Fälle \(x \ge 0\) und \(x < 0\). Sei zunächst \(x \ge 0\). Dann gilt \[\begin{equation} x \ge 0 \Rightarrow x^2 \ge 0 \Rightarrow \sqrt{x^2} = x = |x|. \end{equation}\] Sei nun \(x < 0\). Dann gilt \[\begin{equation} x < 0 \Rightarrow x^2 > 0 \Rightarrow \sqrt{x^2} = -x = |x|. \end{equation}\]